Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Allgemeine Verwaltung/Kultur und Recht
Gz: AKR
GRDrs 48/2018
Stuttgart,
02/19/2018


Vergabe von Fördermitteln für innovative Projekte im Bereich Tanz und Theater 2018



Mitteilungsvorlage


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
Ausschuss für Kultur und Medien
Verwaltungsausschuss
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
öffentlich
öffentlich
27.02.2018
07.03.2018

Bericht:


Am 15.10.2017 wurden 43 Anträge auf Einzelprojektförderung und sechs Anträge auf Konzeptionsförderung beim Kulturamt eingereicht. Davon sind fünf Anträge auf Einzelprojektförderung aus dem Juryverfahren ausgeschieden.

Darunter waren drei Anträge von Gruppen, für welche der Gemeinderat mehrheitlich die institutionelle Förderung ab 2018 beantragt hat. Diese Anträge wurden aufgrund der laufenden Verhandlungen über den Doppelhaushalt für 2018/2019 von der Jury nicht berücksichtigt:

„Ein Familienabend – Antrag im Rahmen von Stolperkunst“ der Gruppe „Lokstoff!“
„Homo Spectator“ von der Gruppe „Ensemble Materialtheater“
„Rot schmeckt Scheiße“ der „Kulturinitiative Bohnenviertel“.

Der Antrag von „Underground Soul Cypher e.V.“ auf Förderung einer „Hip Hop Competition“ in der Stadtbibliothek am Mailänder Platz wurde am 15.11.2017 der Fachjury Musik des Kulturamts vorgestellt. Die Musikjury stimmte für eine Förderung. Ein fünfter Antrag wurde nachträglich zurückgezogen.

Am 30.11.2017 lagen der Fachjury Tanz und Theater 38 Anträge auf Einzelprojektförderung und sechs Anträge auf Konzeptionsförderung zur Entscheidung vor. Das beantragte Fördervolumen betrug insgesamt 716.980 €. Es standen Projektmittel i. H. v. 286.700 € zur Verfügung. Die Differenz zwischen beantragtem Fördervolumen und vorhandenen Projektmitteln lag bei 430.280 €. Die Jury konnte rund 40 % der Anträge für 2018 fördern. Insgesamt wurden 18 Projekte gefördert, davon drei Konzeptionsanträge. Angesichts der hohen Produktionskosten im Raum Stuttgart fielen die Forderungen der KünstlerInnen sehr moderat aus. Die geförderten Projekte unterteilen sich in folgende Sparten:

Tanz: Vier Anträge

· „Die Stadt der Frauen“ von Eva Baumann
· „thank you for playing my piece“ von Claudia Senoner
· „Agoraphobia“ von Juliette Villemin
· „forever apocalyptic“ von der Gruppe „die apokalyptischen tänzerinnen“


Sprechtheater: Zwei Anträge

· „Alpha Phonix Omega“ der Gruppe „Citizen Kane Kollektiv“
· „Das fahle Pferd“ der Gruppe „nomad theatre ensembel“

Sprechtheater – Kinder/Jugendliche: ein Antrag

„Eine Hand voll Sterne“ von Anna Renner

Performance: 6 Anträge

· „Die Schaustätte“ der Gruppe „Buchhaltung und Direktion der ODAS“
· „Theater der Bedienbarkeit“ der Gruppe „Verlag für Handbücher Schiefer, Kraft und Kühn GbR“
· „Norm ist Fiktion 3+3“ der Gruppe „NAF e.V.“
· „Was ist der Mensch?“ der Gruppe „freie Bühne Stuttgart“
· „Das Festival, die Bewegung, die Gesellschaft“ der Gruppe „Herbordt und Mohren“
· „Volkskrankheit“ des „Freien Radios“

Figurentheater: zwei Anträge

· „Maria&my Selfies“ der Gruppe „Burz/Treß/Feisel“
· „Ex Utero“ der Gruppe „Fairy Grrls Project“

Figurentheater – Kinder/ Jugendliche: drei Anträge

· „Häwelmann: Eine Reise durch die Nacht“ der Gruppe „theatrum mundi Oliver Köhler“
· „Herr Eichhorn“ der Gruppe „Meinhardt/Krauss/Feigl“
· „Aufbruch nach Atlantis“ von Christiane Zanger


Ein besonderes Augenmerk wurde auf die Nachwuchsförderung (Absolventen/Berufsanfänger-Innen), aber auch auf die nachhaltige Förderung von Ensembles gelegt, die sich in Stuttgart entwickelt haben und inzwischen in Fachkreisen überregional Beachtung finden.

Zu letzteren Ensembles gehören das „Citizen Kane Kollektiv“, „NAF e.V.“ und „Herbordt und Mohren“. Alle drei Gruppen haben jeweils ganz eigene künstlerische Profile und Herangehensweisen an die Bearbeitung von politischen Themen. Der Jury war es ein Anliegen, diese drei Gruppen konzeptionell über drei Jahre mit jeweils 40.000 € zu fördern, um die „Antragshektik“ zu minimieren. „NAF e.V.“ und „Herbordt und Mohren“ sind erstmalig in die Konzeptionsförderung aufgenommen worden. Die Jury möchte mit dieser Entscheidung Künstlerinnen und Künstler würdigen, die in Stuttgart verankert und deren Namen und Wirken mit der Stadt verbunden sind. Die drei Ensembles haben in den letzten Jahren ein breites und zunehmend wachsendes Publikum mit jeweils unterschiedlichen Zielgruppen aufgebaut.


Empfehlungen und Beobachtungen der Fachjury zur Weiterentwicklung der
Tanz- und Theaterförderung

Die Jury stellt insgesamt fest, dass sich in Stuttgart eine beachtliche Freie Tanz- und Theater Szene entwickelt hat, die Gruppen mit jeweils ästhetisch eigenständigen und unverkennbaren Sprachen aufweist. Insbesondere „das Figurentheater ist ein Pfund, mit dem die Stadt wuchern kann“ – so die Fachjury. Das liegt sicher an der guten Infrastruktur für die Figurentheaterkunst. Die Jury beobachtet, dass die Antragslage vermehrt Projekte aufweist, die Figurentheater und Performance ineinander übergehen lassen.


Im Gegensatz zum Figurentheater hat die Freie Tanzszene dringenden Nachholbedarf. Die Jury bemerkt hierzu Folgendes:

„Wenn es kulturpolitisch gewollt ist, dass sich der Zeitgenössische Tanz in Stuttgart entfaltet, dann muss auch eine verlässliche Infrastruktur geschaffen und gefördert werden.“

Die Jury ermutigt die Stadt Stuttgart darin, im Bereich der Freien Tanz- und Theaterförderung die Projektmittel zu erhöhen. Es ist notwendig, dass die Freien KünstlerInnen besser entlohnt werden. Die AntragsstellerInnen gehen leider mehrheitlich in Vorarbeit und setzen in ihren Kosten- und Finanzierungsplänen zu niedrige Honorare an. Die Jury hat – mit Ausnahme von einem bewilligten Antrag – keine Kürzung der beantragten Förderbudgets vorgenommen. Die Jury bittet die Politik, zu bedenken, dass die Freien KünstlerInnen einer Vollzeitarbeit nachgehen. Angesichts der hohen Produktionskosten in Stuttgart wird in naher Zukunft die freie künstlerische Arbeit massiv beschnitten sein.

Die Jury und die Verwaltung sind sich einig darüber, dass die aktuell gültigen Förderrichtlinien aus dem Jahr 2014 einer Überarbeitung bedürfen, um die Freie Szene nachhaltiger fördern zu können. Folgende Aspekte sollten in die Überarbeitung einfließen:

1. Förderung von Recherchephasen

Den KünstlerInnen soll die Möglichkeit gegeben werden, ergebnisoffen an Themen und Fragestellungen zu arbeiten. Dabei sollen sie ermutigt werden, sich in neue Arbeitskonstellationen zu begeben – sei es mit anderen KünstlerInnen oder Institutionen. Die Jury empfiehlt in diesem Zusammenhang, insbesondere den interdisziplinären und überregionalen Austausch zu fördern. Die KünstlerInnen können auf diese Weise ihr Netzwerk erweitern und gleichzeitig von neuen Impulsen profitieren. Auch wenn eine Recherchephase ergebnisoffenes und prozessorientiertes Arbeiten beinhaltet, wünscht sich die Fachjury, dass die Öffentlichkeit in Form von „Werkstatteinblicken“ am Rechercheprozess teilhat.

2. Projektförderung

Die Projektförderung der Stadt Stuttgart berücksichtigt bisher Kosten, die bis zur Premiere angefallen sind. In Abgrenzung zur Rechercheförderung sollten in Zukunft Kosten einschließlich der Premiere berücksichtigt werden. Die Jury begründet dies damit, dass die Premiere Teil und Abschluss des Produktionsverlaufs ist. Ziel der Darstellenden Künste ist es, vor einer leibhaftig anwesenden Öffentlichkeit ein Ergebnis zu zeigen.

3. Wiederaufnahmeförderung

Bisher können Freie KünstlerInnen drei Aufführungen einer Produktion fördern lassen, deren Premiere nicht länger als ein Jahr zurückliegt. Die Förderung beschränkt sich auf Aufführungskosten. Zusätzliche Probenzeiten, Umbesetzungen und eventuell anfallende Raummieten für die Proben werden nicht gefördert.

Die Jury hält eine zeitliche Begrenzung auf Produktionen, deren Premieren höchstens ein Jahr zurückliegen, in diesem Zusammenhang für nicht sinnvoll. Eine Produktion entwickelt sich mit der Gruppe weiter. Die meisten Freien Ensembles in Stuttgart haben bisher nicht die Möglichkeit, diese Erfahrung zu machen. Die Folge ist, dass Produktionen aufgrund des Fehlens eines Spielorts bzw. der eingeschränkten Aufführungsförderung schneller abgespielt werden müssen.

Die Jury empfiehlt, bereits im Jahr 2018 die Richtlinien zu ändern und im Rahmen eines Testlaufs von zwei Jahren Beobachtungen und Erkenntnisse zu sammeln. Die für den Doppelhaushalt 2018/2019 vorhandenen Projektmittel sollen hierfür die finanzielle Basis bieten.




Beteiligte Stellen

keine


Vorliegende Anträge/Anfragen

keine
keine




Dr. Fabian Mayer




Anlage 1: Übersicht Projekt- und Konzeptionsförderung Tanz/Theater 2018

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2018 Projektförderung-Übersicht.pdf