Landeshauptstadt Stuttgart
Oberbürgermeister
Gz: OB
GRDrs 926/2016
Stuttgart,
11/25/2016



Internationale Bauausstellung IBA 2027 StadtRegion Stuttgart



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Ausschuss für Umwelt und Technik
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Einbringung
Beratung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
öffentlich
06.12.2016
21.12.2016
22.12.2016



Beschlußantrag:

1. Der Gemeinderat nimmt vom IBA-Memorandum (siehe Anlage 1) Kenntnis. 2. Der Gemeinderat begrüßt die Inhalte des Memorandums und die Planung einer IBA 2027, StadtRegion Stuttgart. 3. Der Gemeinderat beauftragt die Stadtverwaltung der Landeshauptstadt alle weiteren Schritte für eine Teilnahme an der IBA 2027 vorzubereiten. 4. Die Koordination seitens der Landeshauptstadt Stuttgart soll durch einen bei Referat StU angesiedelten IBA-Beauftragten geleistet werden.



Kurzfassung der Begründung:
Ausführliche Begründung siehe Anlage 1

Anlass

Seit dem 11. Oktober 2016 liegt der Landeshauptstadt Stuttgart das Memorandum IBA 2027 StadtRegion Stuttgart der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart vor. Das Memorandum ist das Ergebnis eines partizipativen Prozesses – des Prozesses „Plattform 179“ (179 Gemeinden in der Region), der den Auftakt zu einer IBA 2027 gebildet hat, mit dem Ziel, 100 Jahre nach der Eröffnung der Weißenhofsiedlung im Jahr 2027 Lösungsansätze für die städtebaulichen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts aufzuzeigen.





„Plattform 179“

Die „Plattform 179“ wurde am 21. Oktober 2015 durch die Region Stuttgart (Federführung Wirtschaftsförderung Region Stuttgart GmbH (WRS)) auf Grundlage des Beschlusses der Regionalversammlung initiiert. Unter Einbindung aller interessierten Städte und Gemeinden der Region, der Akteure aus Architektur, Stadt- und Regionalplanung, Kammern, Verbänden, Kirchen, Kultur und Gesellschaft, dem Bauwesen und den politischen Gremien wurden tragfähige Themen für eine IBA 2027 gesucht.

Nach der Auftaktveranstaltung am 29. April 2016 führte die WRS drei IBA-Foren zu den Themen Wirtschaft, Stadt und Region sowie Mobilität und Klima durch. Neben zahlreichen bilateralen Gesprächen, Workshops und Planungsgesprächen ist die Idee IBA 2027 im Laufe des Plattformprozesses bei verschiedensten Veranstaltungen und Treffen vorgestellt worden, so dass bis Oktober 2016 mit 400 Expertinnen und Experten aus Industrie, Architektur, Hochschulen und Verbänden Gespräche geführt wurden und deren Anregungen und Ideen in die Themenfindung eingeflossen sind. Den Abschluss des Plattformprozesses bildete der IBA-Konvent am 11. Oktober 2016, bei dem das nun vorliegende Memorandum (Anlage 1) vorgestellt wurde.


Das IBA-Memorandum

IBA 2027 StadtRegion Stuttgart - ein Aufruf zum Wandel

2027, genau 100 Jahre nach der Eröffnung der Weißenhofsiedlung könnte das Präsentationsjahr der IBA 2027 StadtRegion Stuttgart gefeiert und der Welt Lösungsansätze für die städtebaulichen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts aufgezeigt werden. Das ist der Anspruch, den das Memorandum an eine Internationale Bauausstellung in der Region Stuttgart stellt. 100 Jahre nach dem Entstehen der Weißenhofsiedlung als Manifest einer klassischen Moderne, die mit ihren provokanten Bauten die gesellschaftliche Diskussion um Arbeiten, Wohnen und Leben im Industriezeitalter des 20. Jahrhunderts befeuerte, möchte die Region Stuttgart mit der IBA 2027 aufs Neue die gesellschaftliche Debatte um die Zukunftsfähigkeit urbaner Lebensweisen führen.


Die Rolle einer IBA 2027 StadtRegion Stuttgart für Baden-Württemberg

Der Verband Region Stuttgart sieht in einer IBA in der Region Stuttgart das Potential, dass diese ein internationales Schaufenster für Architektur, Ingenieurbaukunst und Baukultur aus Baden-Württemberg wird.

Wenn es gelingt, Lösungsansätze – auch provokante Lösungsansätze - für die Gestaltung der Region Stuttgart in den Bereichen bezahlbarer Wohnraum, Mobilität, Nachhaltigkeit, Verbindung von Wohnen, Arbeit und Freizeit zu erproben und umzusetzen, dann werden damit zugleich Antworten auf Probleme gefunden, die weltweit alle großstädtischen Ballungsräume herausfordern. Die Region Stuttgart würde zur Modellregion für industriell geprägte Stadtregionen werden. Lösungen und Produkte, die hier umgesetzt werden, können in andere Stadtregionen exportiert werden. Eine IBA dürfte auch in der Region Stuttgart selbst erhebliche Investitionen auslösen. Zum Vergleich: Bei der IBA Emscher Park wurden fünf Milliarden DM investiert, davon 60 % private Mittel, bei der IBA Hamburg weit über eine Milliarde Euro.




Die Themen des Memorandums

Der ursprüngliche Gedanke, ein einziges Thema für die IBA zu finden, musste im bisherigen Plattformprozess rasch verworfen werden. Die aktuellen Herausforderungen sind tiefgreifend und vielfältig. Dies spiegelt sich in der IBA-Themenwelt wider. In der Offenheit der Themenwelt liegt die große Chance, die Vielfalt an Ideen in den kommenden Jahren im Verlauf der IBA zu schärfen und zuzuspitzen.


Das 4x4 der IBA-Themenwelt – Ergebnisse des Plattformprozesses

Um die Vielfalt der Herausforderungen zu strukturieren, entschied man sich im Prozess für eine Bündelung in vier Themen, die mit vier für alle Projekte relevanten Querschnittsqualitäten die Themenwelt der IBA aufspannen. Die vorgeschlagenen Themen und Querschnittsqualitäten für die IBA bilden das Gerüst für den weiteren Prozess und sollen nach dem offiziellen IBA-Start unter Einbeziehung nationaler und internationaler Experten sowie der regionalen Stakeholder offen diskutiert und weiterentwickelt werden, auch vor dem Hintergrund, dass sich in den nächsten zehn Jahren neue Themen und unvorhergesehene Herausforderungen ergeben werden.

Themen (Quelle: Memorandum IBA 2027 StadtRegion Stuttgart)
Baukultur einer „neuen Moderne“ – Bilanz 100 Jahre Weißenhof, kritische Reflexion des Städtebaus im 20. Jahrhunderts, auf dem Weg zur „3. Moderne“? Umgang mit dem Bestand, Nutzungsmischung, grüne Infrastruktur.
Integrierte Quartiere – Bezahlbarer Wohnraum in einer Wachstumsregion, Innovationen bei Wachstums- und Flächendruck, funktionale Mischung, produktive Stadt, stadtverträgliche Industriearchitektur, Frei(heits)räume für kreative Milieus, Qualitäten wohnungsnaher Freiräume, neue Arbeitswelten.
Neue Technologien für die lebenswerte StadtRegion – Digitalisierung der Lebens- und Arbeitswelten, gesunde Häuser und Städte, Smarte Region und digitale Stadt, neue Konstruktionsformen in Verbindung mit Energie- und Gebäudetechnik, innovativer Leichtbau, Infrastruktur, Verkehrsleittechnik.
Die Region ist die Stadt – Polyzentrische Region statt Megacity, regionales Miteinander selbstbewusster Kommunen, Management des Wandels unter Wachstum, Bebauung und Landschaft, Stadt, Natur und Fluss, Stärkung lokaler Eigenarten und soziokultureller Identitäten.

Querschnittsqualitäten (Quelle: Memorandum IBA 2027 StadtRegion Stuttgart)
Mobile Region: Intermodalität im postfossilen Zeitalter, Verknüpfung von Wohnen und Mobilität, Modernisierung des öffentlichen Nahverkehrs, Elektromobilität, Rad- und Fußgängerfreundlichkeit, Logistik, Sharingkonzepte.
Nachhaltige Region: Klimaneutrale Region, regionale Klimakonzepte, ressourceneffizient, resiliente Region, Klimaanpassung in einer Hitzeregion, hohe Luft- und Wasserqualität, Kreislaufwirtschaft, recyclinggerechtes Bauen, Cradle to Cradle, wettbewerbsfähiger Standort.
Solidarische Region: Zusammenleben, Toleranz, soziale Durchmischung, Integration und Inklusion in einer Zuwanderungsregion, Fachkräftegewinnung und gesellschaftliche Akzeptanz für Industrie in einem von Wohlstand geprägten Umfeld.
Partizipative Region: Ausbau der regionalen Governance, neue Formen der regionalen Zusammenarbeit, Mitwirkung und Bürgerbeteiligung, zivilgesellschaftliches Engagement auf regionaler Ebene.

Das IBA-Memorandum benennt damit wichtige Themen, mit denen sich die Regionalplanung und Stadtentwicklung bereits befassen und in Zukunft befassen müssen sowie die Querschnittsqualitäten, die dabei zu berücksichtigen sind. Durch die genannten Themen wird damit der heutige Anspruch an eine zeitgemäße Regionalplanung und Stadtentwicklung abgebildet.


Weiteres Vorgehen auf Seiten der Region

Die Ergebnisse des Plattformprozesses werden Ende 2016 in der Regionalversamm-lung und im Anschluss auf kommunaler Ebene diskutiert. Dann soll das Projektbüro eingerichtet werden, das die IBA professionell organisiert. Über dessen Organisationsform muss noch entschieden werden. Das Projektbüro muss finanziell und personell ausreichend und verlässlich über den gesamten Zeitraum der Internationalen Bauausstellung ausgestattet werden. Dabei sind die unterschiedlichen Phasen der IBA 2027 zu berücksichtigen, die jeweils andere Anforderungen an das Projektbüro stellen (Defi-nitions- und Planungsphase, Umsetzungsphase und Präsentationsjahr). Die wichtigsten Aufgaben des Projektbüros sind, den Dialog- und Beteiligungsprozess während der IBA zu organisieren, Projekte anzustoßen, zu qualifizieren und zu organisieren sowie bei der Finanzierung der Projekte zu unterstützen, zum Beispiel durch die Einwerbung von Fördermitteln. Ebenso muss die IBA 2027 StadtRegion Stuttgart nach innen und nach außen professionell kommuniziert werden.


Weiteres Vorgehen auf Seiten der Landeshauptstadt Stuttgart (Beschlusspunkt 3)

Chancen und Erwartungen

Die Landeshauptstadt Stuttgart ist das Oberzentrum der Region Stuttgart und damit nicht nur eine Kommune unter vielen in der Region, sondern ein zentraler Partner, wenn es um die Realisierung einer IBA 2027 geht. Allein aufgrund ihrer Flächengröße und der Vielzahl an Projekten, die in den kommenden Jahren auf der Gemarkung Stuttgart anstehen, hat die Landeshauptstadt Stuttgart das Potenzial die IBA aktiv mitzugestalten und dabei in vielfältiger Weise von einer IBA 2027 zu profitieren.

So stehen der Landeshauptstadt Stuttgart in zentralen Lagen mit den durch Stuttgart 21 frei werdenden Bahnflächen (Stadtentwicklungsfläche Rosenstein) längerfristig sowie den großen Konversions- und Umstrukturierungsgebieten entlang des Neckars (insbesondere der Neckarpark), punktuell im übrigen Stadtgebiet (z. B. IBM/Eiermann-Campus in Vaihingen) in absehbarer Zeit beträchtliche Entwicklungsflächen zur Verfügung. Darüber hinaus kommen die Nachkriegssiedlungen der 1950er- bis 1970er-Jahre in eine Phase der städtebaulichen Nachqualifizierung, so dass sich hier ein enormes Stadtumbaupotential bietet. Auch hier kann ein „präventiver Strukturwandel“ ansetzen.

Ohne aktive Mitgestaltung gäbe die Landeshauptstadt Stuttgart die Chance aus der Hand, die gerade für Stuttgart wichtigen Themen zu setzen bzw. eine Themenschärfung zu betreiben und die anstehenden Projekte durch die Konzentration der intellektuellen, künstlerischen und finanziellen Kräfte im Rahmen der IBA im besonderen Maß qualifizieren. Die Landeshauptstadt Stuttgart vergäbe die Möglichkeit, 100 Jahre nach Weißenhof bei verschiedenen Impulsprojekten innovative Lösungen zu erproben, die sie im Rahmen künftiger Stadtentwicklung praktizieren und damit erneut ein Schauplatz wegweisender Architektur und Stadtplanung im Sinne des Gedanken der europäischen Stadt für die Weltöffentlichkeit zu werden.



Durch eine IBA StadtRegion 2027 ergibt sich darüber hinaus die Chance, regionale Kooperation und bürgerschaftliche Partizipation gleichermaßen nachhaltig zu gestalten. Je nach Größe der Kommune, Lage in der Region, Image etc. sind die Defizit- und Potenzialfelder sehr unterschiedlich gelagert. Auf die hier bestehenden Abhängigkeiten kann im Rahmen der IBA verstärkt das Augenmerk gerichtet und damit Synergieeffekte ermittelt und genutzt werden.

Eine IBA ist dabei mehr als eine Architekturausstellung. In der Vergangenheit traten neben ästhetischen und technologischen zunehmend soziale, wirtschaftliche und ökologische Aspekte sowie die Qualität von Prozessen und von Partizipation in den Vordergrund. Ohne festen Kalender, ohne vorgegebene Regeln und normierte Qualitätskriterien ist IBA dennoch ein Label für ein international einzigartiges Instrument erfolgreicher Planungs-, Stadt- und Regionalpolitik.

Extreme Flächenengpässe, Mobilität und Feinstaubbelastung, Dichte und Klimaanpassung, Baukultur und „Bezahlbarkeit“ bzw. die soziale Frage der Wohnraumversorgung etc. = alles Herausforderungen einer Großstadt! So muss sich gerade die Landes-hauptstadt Stuttgart die Frage stellen, wie sie ihre Prosperität und Lebensqualität unter sich wandelnden Bedingungen auch in Zukunft erhalten kann. Die Erfahrungen aus anderen Städten haben gezeigt, dass sich erfolgreiche Städte immer wieder neu erfinden, ohne den Kontakt zu ihren Ursprüngen und Kernqualitäten zu verlieren.

So ist aufgrund der hohen Fachexpertise in der LHS Stuttgart das Thema Baukultur gesetzt. Es wird jedoch auch darum gehen müssen, wie die Stadt nicht allein ihre Baukultur im Rahmen der IBA fortentwickelt, sondern zu einer neuen Städtebaukultur findet. Nicht allein das Einzelgebäude steht im Vordergrund, sondern das Gebäude mit seiner Beziehung zum Stadtraum, mit seiner Rolle im städtebaulichen Gefüge.

Das Themenfeld „Integrierte Quartiere“ ist in Stuttgart insbesondere unter dem Aspekt der urbanen Dichte und Nutzungsmischung zu betrachten. In einer Stadt wie Stuttgart, in der ein enormer Druck auf die Fläche herrscht, muss es darum gehen, wie unterschiedlichste Nutzungsansprüche miteinander in Einklang gebracht werden können und dabei voneinander profitieren (Synergieeffekte).

Die Integration von unterschiedlichsten Kulturen und Lebensentwürfen, aber auch Einkommensvoraussetzungen spielen gerade in einer Großstadt wie Stuttgart eine besondere Rolle. Gerade im Hinblick auf die sich daraus ergebenden Anforderungen an das sozial integrative Wohnen muss die Stadt neue Antworten erproben.

In einer IBA 2027 wird es aus Stuttgarter Sicht auch darum gehen müssen die Qualität Stuttgarts als „grüne Stadt“ weiter zu stärken. Durch die Kooperation mit der Region kann die Stadt gerade im Hinblick auf die Erlebbarkeit des Neckars und die Stärkung des Landschaftsraums profitieren.

Um dem experimentellen Anspruch an eine IBA gerecht zu werden, sind innerhalb der genannten Themenfelder gerade die Themen und Prozesse zu identifizieren, die über das Alltägliche hinausgehen und einen Potenzialraum für Experimente bieten können.






IBA-Organisationsstruktur

Die zukünftigen IBA-Projekte innerhalb der Landeshauptstadt Stuttgart werden voraussichtlich in den Zuständigkeitsbereich unterschiedlicher Verwaltungseinheiten fallen. Die Projekte müssen jedoch zentral angestoßen, abgestimmt, qualifiziert und organisiert werden.

Für die Vorbereitung, Koordination und Betreuung der stadtweiten IBA-Projekte und als Ansprechpartner des IBA-Büros der Region Stuttgart ist die Einrichtung eines quer zu den Strukturen arbeitenden IBA-Beauftragten auf städtischer Seite zwingend erforderlich. Nur mit einem stadteigenen IBA-Beauftragten kann die sich entfaltende Komplexität, eine sich auffächernde und detaillierter werdende Organisations- und Kommunikationsaufgabe, künftig zeit- und sachgerecht bearbeitet werden.


Finanzielle Auswirkungen

Die finanziellen Auswirkungen und Stellenbedarfe müssen im weiteren Verfahren mit dem Gemeinderat und der Region abgestimmt und präzisiert werden.


Beteiligte Stellen

Keine

Vorliegende Anträge/Anfragen

Keine

Erledigte Anträge/Anfragen

Keine



Fritz Kuhn

Anlagen

1. Memorandum

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