Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
487
7
VerhandlungDrucksache:
789/2016
GZ:
JB
Sitzungstermin: 23.11.2016
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BMin Fezer
Berichterstattung:die Vorsitzende
Protokollführung: Herr Häbe
Betreff: Bedarfs- und Qualitätsanalyse zu Ganztages-
grundschulen in Stuttgart

Beratungsunterlage ist die Mitteilungsvorlage des Referats Jugend und Bildung vom 02.11.2016, GRDrs 789/2016. Sie ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokoll-exemplar für die Hauptaktei beigefügt.


In ihrem einführenden Sachvortrag berichtet BMin Fezer analog der GRDrs 789/2016. Insbesondere informiert sie, in Beratungen des Schulbeirats und des Jugendhilfeausschusses sei die Notwendigkeit gesehen worden, Ganztagesgrundschulangebote im Hinblick auf ihre Qualität zu untersuchen, und zwar nicht nur aus Sicht der Schulverwaltung bzw. gegebenenfalls aus Sicht des Staatlichen Schulamts, sondern vor allen Dingen aus Sicht der "Betroffenen" (Schüler, Eltern, Lehrer, Schulleitungen, Träger der Betreuungsangebote). Zudem betont sie bezogen auf die Umfrage zur Feststellung des Betreuungsbedarfs der Eltern von künftigen Grundschulkindern, dass die Eltern nicht gefragt werden sollen, was sie von einer Ganztagesgrundschule halten bzw. ob sie sich eine gebundene oder eine Ganztagesgrundschale mit Wahlform wünschen. Vielmehr gehe es darum, die Erwartungen der Eltern abzufragen, wie es nach der Betreuung in den Kindertagesstätten weitergehen soll. Versucht werden solle, alle Eltern zu erreichen, egal über welche Vorinformationen diese verfügen. Daher sei nicht nur ein Anschreiben durch das Statistische Amt vorgesehen, sondern in den Kitas erfolgten Informationen durch Aushänge und Gespräche der Erzieherinnen/Einrichtungsleitungen mit den Eltern. Ziel sei, alle Eltern zu einer Teilnahme zu bewegen.

Mit der Erhebung der Erfahrungen und Bewertungen in den bestehenden Ganztagesgrundschulen solle in Erfahrung gebracht werden, was funktioniere, wo es Verbesserungsvorschläge gebe und ob z. B. mehr Flexibilität gewünscht werde. Da sich diese Fragen an die genannten verschiedenen Akteure richteten, müssten diese unterschiedlich formuliert und adressiert werden. So müssten für Kinder besondere Befragungsformen gefunden werden, um überhaupt verwertbare Antworten zu erhalten. Benötigt würden wissenschaftlich fundierte Fragen und Befragungsmethoden.

Die Ergebnisse der Befragungen sollen bis zum Sommer 2017 vorliegen. Dies sei durchaus ein ambitioniertes Unterfangen. Gehofft werde, im Herbst 2017 die Ergebnisse über die Einschätzungen/Erwartungen etc. vorlegen zu können. Auf der sich dann ergebenden Grundlage sollten sich die Beratungen mit dem Gemeinderat über Möglichkeiten der Qualitätsverbesserungen bei der Ganztagesgrundschule anschließen.

Auf die ausführliche Beratung des Themas im Schulbeirat heben StR Stradinger (CDU), StRin Deparnay-Grunenberg (90/GRÜNE) und StRin Gröger (SPD) ab.

Die Umfragen begrüßt StR Stradinger. Es müsse darüber Einigkeit bestehen, dass das Kindeswohl an erster Stelle stehe. Ebenfalls oberste Priorität komme der Angebotsqualität zu. Nicht umsonst hätten die sozialpädagogischen Träger den Wunsch geäußert, ein Qualitätsmanagement einzuführen. Die vorgesehene Bildung einer Projektgruppe für die Erstellung der Bedarfs- und Qualitätsanalyse, Seite 2 der Vorlage, 4. Absatz, begrüßt er mit Nachdruck. Um zu einer weiterführenden Bedarfsermittlung zu kommen, seien Überlegungen, wie auf die Eltern zugegangen wird, wichtig. Die durch den Gemeinderat gefassten Beschlüsse zielten auch darauf ab, das Thema Rhythmisierung in die Schule hineinzubekommen. Entscheidend sei, wie eine Rhythmisierung tatsächlich realisiert werden kann. Ziel seiner Fraktion sei, Eltern objektiv zu informieren und zu befragen, damit diese ein für sie gerechtes Angebot auswählen könnten. Daher werde dem Wort "Flexibilität" große Bedeutung zugemessen. Schon in den Kitas gebe es unterschiedliche Betreuungsformen. Gewollt werde, und hier sieht er die Stadt auf einem guten Weg, ein qualitativ hochwertiges Angebot für Grundschulen, für teilgebundene Ganztagesgrundschulen und für speziell/besonders für gebundene Ganztagesgrundschulen. Wenn sich eine Schulgemeinde für eine gebundene Ganztagesgrundschule ausspreche, wünsche sich die CDU-Gemeinderatsfraktion Angebote mit Rhythmisierung.

Danach merkt StRin Deparnay-Grunenberg an, das Geplante sei als Baustein der in den letzten zehn Jahren im Schulbereich stattgefundenen, noch nicht abgeschlossenen gesellschaftlichen Entwicklung zu sehen. Angesichts der großen Schritte mancher Akteure sei es nur normal, dass manches nicht reibungslos ablaufe. Natürlich wünschten sich die Eltern eine optimale Grundschule. Die Eltern müssten daher vor/während der Befragung darüber informiert werden, was gesellschaftlich, finanziell und organisatorisch machbar sei. Je nachdem, ob Eltern bereits ältere Kinder haben, verändere sich deren Sichtweise. Wenn die Ergebnisse der Befragungen nicht als Begründung herangezogen werden, in eine bestimmte Richtung zu gehen, und wenn die Befragungen mit Informationen gekoppelt würden, könne ihre Fraktion die Bedarfs- und Qualitätsanalyse mittragen. Über die Ergebnisse müsse eine fachliche Debatte stattfinden.

Auch StRin Gröger weist darauf hin, dass Bewertungen/Beurteilungen der Ganztagesgrundschule je nachdem, ob Eltern schon ältere Kinder haben, unterschiedlich ausfallen. Von daher sei vor den Befragungen eine Information der Eltern unabdingbar. Die Entscheidung im Jahr 2011, dass Eltern selbst entscheiden können, ob sie ihre Kinder in Ganztages- oder in sogenannte Halbtagesgrundschulen geben, sei eine gute Entscheidung gewesen. Schon damals sei klar gewesen, dass finanziell nicht alle Strukturen aufrechterhalten werden könnten. In einer gestern Abend stattgefundenen Veranstaltung zum Thema Ganztagesschulen hätten zahlreich vertretene Schulleitungen die Themen Information und Verlässlichkeit hervorgehoben. Die Familien müssten sich auf die Verlässlichkeit der bestehenden Systeme verlassen können. Kinder benötigten für die Entwicklung ihrer Persönlichkeit Verlässlichkeit. Die im Schulbeirat stattgefundene Diskussion sei nicht zuletzt aufgrund der im Umlauf befindlichen Anträge angestoßen worden. Mit den in den Anträgen enthaltenen Fragen könne ein Stück weit versucht werden, ein Thema in eine bestimmte Richtung zu lenken. Künftig sehe der Bildungsplan für Grundschüler 28 Unterrichtsstunden an 5 Wochentagen vor. Angesichts der Maßgabe, vormittags nicht mehr als 4 Stunden zu unterrichten, müsse zwangsläufig - auch bei einer Halbtagesschule - Nachmittagsunterricht erfolgen. Dies und dass es nun um Qualitätsverbesserungen gehe, gehöre den Eltern vermittelt. Im weiteren Verlauf fordert sie eine deutliche Positionierung der Landeshauptstadt gegen Mischklassen.

Positiv wertet StR Rockenbauch (SÖS-LINKE-PluS) die Befragungen, wobei er davon ausgeht, dass mit den Befragungen kein Kurswechsel von den 2011 getroffenen Grundsatzbeschlüssen eingeleitet wird. Seine Fraktionsgemeinschaft sehe die Ganztagesgrundschule als sehr bedeutsam an. Wenn für gute räumliche Voraussetzungen, für qualifiziertes Personal in ausreichender Anzahl und für ein Gelingen der Rhythmisierung gesorgt wird, geht er - und entsprechend äußert sich StR Dr. Oechsner (FDP) - davon aus, dass sich diese Schulform als Erfolgsmodell erweist.

Die Gemeinderatsfraktion Freie Wähler, so StRin von Stein (FW), unterstütze die Bedarfs- und Qualitätsanalyse. Um ein repräsentatives Meinungsbild zu erhalten, müsse versucht werden, eine möglichst hohe Beteiligung zu erreichen. Auf das sich ergebende Meinungsbild müsse reagiert werden. Möglich sei durchaus, dass sich Kinder mehr Freiräume wünschten. Ihres Erachtens gehört hinterfragt, wie stark Kinder mit den gut gemeinten Strukturen eingeengt werden.

StR Prof. Dr. Maier (AfD), der prinzipiell die vorgesehenen Befragungen unterstützt, meint eine Scheu der Verwaltung dahingehend zu erkennen, die Eltern deutlich zu befragen, ob eine Ganztagesgrundschule gewünscht wird oder nicht. Die Gelegenheit, eine Antwort auf diese grundsätzliche Fragestellung zu erhalten, sollte ergriffen werden.

StR Dr. Oechsner geht davon aus, dass die vorgesehenen Analysen ergebnisoffen angelegt sind. Mit Nachdruck wendet er sich gegen eine zwangsweise Einführung der Ganztagesgrundschule. Es müsse auf ein möglichst breites Angebot und darauf hingewirkt werden, dass sich eine Schulform durchsetzt. Der Ansatz, die Wünsche der Akteure abzufragen, sei hervorragend.

Die grundsätzliche Einschätzung, dass eine gut gemachte Ganztagesgrundschule die optimale Beschulungsform darstellt, teilt BMin Fezer. Dennoch müsse sehr genau angeschaut werden, welche Angebote in welcher Qualität erfolgen. Mit den Befragungen wolle man keine Entscheidung herbeiführen, welche Beschulungsform künftig stattfinden soll. Dazu werde die Verwaltung einen Vorschlag machen, über den der Gemeinderat zu entscheiden habe. Der Aspekt Zuverlässigkeit werde dabei eine Rolle spielen. Sie wiederholt, die Eltern würden nicht gefragt, ob sie eine Ganztagesgrundschule gut oder schlecht finden. Vielmehr wolle man eine breite Informationsgrundlage erhalten, auf deren Basis der Gemeinderat eine Entscheidung treffen könne. Daher müsse heute die Diskussion über Verlässlichkeit, über das Nebeneinander von Modellen nicht geführt werden. Es gehe zudem nicht darum, die Eltern über die Möglichkeiten der Ganztagesgrundschule zu informieren. Dieser Aufgabe komme man ohnehin nach. Mit Sicherheit gehörten diesbezüglich die Anstrengungen noch verstärkt. Um für den Gemeinderat eine Entscheidungsbasis zu schaffen, gebe es neben der geplanten Befragung noch andere Informationsquellen, und zudem würden natürlich politische Grundüberzeugungen eine Rolle spielen.

StRin Deparnay-Grunenberg führt an, sie habe das Anliegen der CDU-Gemeinderatsfraktion so verstanden, dass die gefassten Beschlüsse weiterentwickelt und nicht infrage gestellt werden sollen. Dem zu bildenden Projektteam gibt die Stadträtin den Hinweis, bei der Befragung müsse unbedingt berücksichtigt werden, dass sich der Informationsgrad, je nachdem wie man sich im Alltag mit den Kindern beschäftige, verändere. Nur dann könne der Gemeinderat die wissenschaftliche Studie ohne Schwierigkeiten interpretieren. Für diesen Hinweis bedankt sich die Vorsitzende.

Dass seine Fraktion die gefassten Beschlüsse nicht infrage stellt, bestätigt gegen Ende der Aussprache StR Stradinger. Dabei weist er auf die verschiedenen Formen der Ganztagesgrundschule hin. Wenn es gelinge, in der Ganztagesgrundschule eine Rhythmisierung zu realisieren, werde die Ganztagesgrundschule sicherlich Sogwirkung haben.

Abschließend stellt BMin Fezer fest:

Der Verwaltungsausschuss hat von der GRDrs 789/2016 Kenntnis genommen.
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