Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Soziales und gesellschaftliche Integration
Gz: SI
GRDrs 976/2019
1. Ergänzung
Stuttgart,
12/04/2019



Haushalt 2020/2021

Unterlage für die 2. Lesung des Verwaltungsausschuss zur nichtöffentlichen Behandlung am 09.12.2019



Drogenkonsumraum in Stuttgart ermöglichen - Umsetzung zeitnah angehen

Beantwortung / Stellungnahme


Die Umsetzung eines Drogenkonsumraums setzt eine Akzeptanz der Anwohnerinnen und Anwohner voraus. Formen der Bürgerbeteiligung und Prozessbegleitung unterstützen alle Beteiligten in der Kommunikation und bei der möglichen Umsetzung.

1. Bürgerbeteiligung und Prozessbegleitung

Neue Vorhaben im Bereich der Stuttgarter Suchthilfen haben gezeigt, dass dialogorientierte Verfahren wie eine Bürgerbeteiligung sinnvoll und wichtig zur Umsetzung sind. Sie ermöglichen Anwohnerinnen und Anwohnern und weiteren Schlüsselakteuren wie Mitgliedern der Bezirksbeiräte, Schulen, Jugendhilfe-Einrichtungen, sozialen Einrichtungen, Gewerbetreibenden, Polizei etc. sich aktiv in den Gestaltungsprozess einzubringen sowie der Stadtverwaltung und den zuständigen Trägern Ängste und Befürchtungen zu nehmen und aufzuklären.

Zur Umsetzung eines Bürgerbeteiligungsprozesses werden in Abstimmung mit dem Haupt- und Personalamt, Koordinierungsstelle für Bürgerbeteiligung, Äußere Stadtbezirke und Querschnittsthemen und möglichen Anbietern für das Jahr 2020 Mittel in Höhe von 20.000 EUR als notwendig angesehen.

Sollte der Gemeinderat in den Haushaltsplanberatungen zum städtischen Doppelhaushalt 2020/2021 die Sozialverwaltung beauftragen, die Umsetzung eines Drogenkonsumraums in Stuttgart weiter zu verfolgen, wäre zudem für die Unterstützung der begleitenden Prozesse (u. a. Erstellung von Sozialraumkonzepten, Kontakte und Vereinbarungen mit sozialen Institutionen, Runde Tische zur dauerhaften Einbeziehung der Anwohnerinnen und Anwohner) die Beauftragung einer erfahrenen Beratungsfirma sinnvoll.

Hierfür würden für die Jahre 2020/2021 Mittel in Höhe von 10.000 EUR pro Jahr notwendig.



2. Standortsuche

Mit der Standortsuche einer geeigneten Immobilie oder eines geeigneten Gebäudes zur Umsetzung eines Drogenkonsumraums könnten das Referat SWU/Amt für Stadtplanung und Wohnen und das Referat WFB/Liegenschaftsamt beauftragt werden. Hierzu sind eine Machbarkeitsstudie und finanzielle Mittel in Höhe von schätzungsweise rund 50.000 EUR erforderlich.

Standortkriterien sind u. a. eine Innenstadtlage, eine gute Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr, Barrierefreiheit, eine ausreichende Größe auch für Beratung, Aufenthalt und Tagesstruktur sowie eine gut gestaltbare Eingangssituation.

3. Investitionskosten

Die investiven Kosten zur erstmaligen Einrichtung eines Drogenkonsumraums (mit „High Noon“) richten sich nach den baulichen und sonstigen Gegebenheiten vor Ort und lassen sich daher nicht ohne Kenntnis der konkreten räumlichen Gegebenheiten verbindlich darstellen. Sie hängen u. a. davon ab, ob ein Gebäude erworben, neu gebaut oder saniert werden muss.

Nachfolgend werden einige Beispiele vergleichbarer Vorhaben aufgelistet, um eine Idee zu möglichen Kostendimensionen zu geben.

Neubau
Der Sucht- und Jugendhilfeträger STEP gGmbH hat 2018 in Hannover für den Drogenkonsumraum in Verbindung mit einem Kontaktladen ein neues Gebäude erstellt.
Bei einer Fläche von rund 500 m² betrugen die Baukosten rund 1.400.000 EUR.
Übertragen auf die in Stuttgart angedachte Fläche von rund 310 m² wären bei einem Neubau voraussichtlich Mittel in Höhe von mindestens 870.000 EUR erforderlich.

Grundsanierung
Um eine näherungsweise Schätzung von möglichen Investitionskosten einer Grundsanierung vorzunehmen, wird von ähnlichen Bedingungen wie bei der Einrichtung der Schwerpunktpraxis für Suchtmedizin und Diamorphinvergabe (Dr. Zsolnai) und der Suchtberatungsstelle für Drogenabhängige und substituierte Opiatabhängige (Release Stuttgart e. V.) in der städtischen Immobilie in der Kriegsbergstraße 40, 70174 Stuttgart, im Jahr 2011 ausgegangen. Damals wurden unter Federführung des Hochbauamts der Landeshauptstadt Stuttgart umfängliche Renovierungs- und Umbaumaßnahmen durchgeführt. Bei einer Fläche von 1.237m² ergaben sich Gesamtkosten in Höhe von 2.519.769 EUR. Legt man dieselben Annahmen für eine Immobilie für den Drogenkonsumraum zugrunde, errechnet sich bei einer Fläche von rund 310 m² und einer Baupreissteigerung von 2.037 EUR/m² Angaben des Hochbauamtes der Landeshauptstadt Stuttgart im Jahr 2011 auf 2.505 EUR/m² im Jahr 2019 ein Mittelbedarf in Höhe von ca. 780.000 EUR.

Erweiterung
In Karlsruhe wird am 06.12.2019 der erste Drogenkonsumraum in Baden-Württemberg eröffnet. Er wird in einem Nebenraum des bestehenden Kontaktladens für Drogenabhängige eingerichtet. Er hat eine Größe von 30 m². Aufgrund baulicher Bedingungen konnte keine Entlüftungsanlage für den inhalativen Konsum eingerichtet werden. Die sanitären Einrichtungen des benachbarten Kontaktladens werden zudem von den Besucherinnen und Besuchern des Drogenkonsumraums mitgenutzt. Die Sanierungskosten beliefen sich auf 75.000 EUR. Bezogen auf die in Stuttgart angedachte Fläche von rund 310 m² wären auf der Grundlage der Karlsruher Investitionskosten Mittel in Höhe von rund 775.000 EUR erforderlich.

Entsprechend diesen Ausführungen lässt sich die Größenordnung des Mittelbedarfs für die nächsten Schritte abschätzen.

Solange das Grundstück und die davon abhängenden notwendigen Arbeiten für die Errichtung des Drogenkonsumraums nicht bekannt sind, können investive Mittel nicht in den Haushalt aufgenommen werden. Gegebenenfalls müsste unterjährig entschieden werden, wenn kurzfristig ein geeignetes Grundstück bzw. eine geeignete Immobilie gefunden wird.

Es wird davon ausgegangen, dass das Angebot selbst frühestens ab 2022 erbracht werden kann. Der Budgetbedarf für den laufenden Betrieb wäre dann zum Doppelhaushalt 2022/2023 einzuplanen.



Vorliegende Anträge/Anfragen

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252/2019, Bündnis 90/DIE GRÜNEN, SPD, Die FrAKTION LINKE PluS Tierschutzpartei, FDP, Freie Wähler; StR'in Bulle-Schmid, CDU (mündlich)




Dr. Alexandra Sußmann Bürgermeisterin



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