Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
79
18
VerhandlungDrucksache:
134/2013
GZ:
KBS
Sitzungstermin: 20.03.2013
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BMin Dr. Eisenmann
Berichterstattung:die Vorsitzende
Protokollführung: Herr Häbe
Betreff: Vom Schülerhaus zur Ganztagesschule (GRDrs 6/2013):
Mehr Flexibilität für Eltern in der Schulkindbetreuung

Beratungsunterlage ist die dieser Niederschrift angeheftete Mitteilungsvorlage des Referats Kultur, Bildung und Sport vom 08.03.2013, GRDrs 134/2013.

Folgende Anträge sind diesem Protokoll beigefügt:
- Antrag Nr. 85/2013 vom 18.02.2013 (90/GRÜNE)
- Antrag Nr. 135/2013 vom 18.03.2013 (FW)
- Antrag Nr. 137/2013 vom 18.03.1013 (CDU)

Laut BMin Dr. Eisenmann werden mit der GRDrs 134/2013 der mündliche Antrag der FDP-Gemeinderatsfraktion vom 31.01.2013 sowie der Antrag Nr. 85/2013 der Gemeinderatsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN beantwortet.

Bei ihrem Sachvortrag im Sinne der GRDrs 134/2013 verweist die Bürgermeisterin auf die unterschiedlichen Positionen des Referats Allgemeine Verwaltung und Krankenhäuser (AK) und ihres eigenen Referats Kultur, Bildung und Sport (KBS) bei der Frage, was eine Stunde Verlängerung/Jahr bei der Verlässlichen Grundschule (VGS) kostet. Während das Referat KBS in der GRDrs 134/2013 von 732.000 € ausgeht, vertritt das Referat AK die Haltung, dass dieser Betrag sich auf 760.000 € belaufen kann. Dieser Unterschied ergebe sich aus den angenommenen unterschiedlichen Besoldungsgruppen (S4/S6). Wahrscheinlich werde es sich um einen Betrag dazwischen handeln. Eine Ausdehnung der VGS auf 15:00 Uhr könnte personell geleistet werden. Dargelegt werde auch, dass der städtische Personalapparat z. B. durch Wechsel in Altersruhezeit bis 2018/2020 so abgebaut wird, dass sich eine Trägerschaft aus einer Hand in jedem Fall umsetzen lässt. Die VGS-Verlängerung sei also eine Kostenfrage und inwieweit dies politisch gewünscht wird. Die Mittel, um diesen Schritt zu finanzieren, seien derzeit nicht im städtischen Haushalt vorgesehen.

Zum Antrag der CDU-Gemeinderatsfraktion fährt BMin Dr. Eisenmann fort, das Programm der "Außerschulischen Bildung und Betreuung" laufe an vielen Schulen mit großem Erfolg. Bei den weiterführenden Schulen, bei denen das Thema Ganztagesschule auch seitens des Landes nicht auf der Tagesordnung steht, werde seitens der Verwaltung das Programm "Außerschulische Bildung und Betreuung" für die Zukunft als sinnvoll und erstrebenswert angesehen. Dafür wolle die Schulverwaltung in den kommenden Haushaltsplanberatungen werben. Bei den Grundschulen vertrete die Verwaltung grundsätzlich die Meinung, dass aufgrund der Möglichkeit sich zwischen Ganztagesschule und Halbtagesschule zu entscheiden, die "Außerschulische Bildung und Betreuung" keine Rolle mehr spielen sollte.

Mit dem CDU-Antrag werde vorgeschlagen, die von den Eltern gewünschte Flexibilisierung über das Konzept der "Außerschulischen Bildung und Betreuung" an die Grundschulen zu bringen. Das Konzept sehe vor, dass dieses die Schulen selbst entscheiden können. Das Schulverwaltungsamt sei bei diesem seit 2005 erfolgreich verlaufenden Konzept beratend mit tätig. In diesem Bereich seien Ehrenamtliche tätig, bezuschusst durch die Stadt (Jugendbegleiter des Landes auf die Stadt heruntergebrochen). Richtig sei auch, dass der Haushaltsansatz, da die Grundschulen noch nicht vorgesehen sind, das von der CDU vorgesehene Modell ohne Zusatzkosten ermöglichen würde. Die Vor-aussetzung sei aber natürlich, dass dieser Haushaltsansatz durch einen entsprechenden Beschluss in künftigen Haushaltsjahren fortgeschrieben wird. Das Konzept setze einen Bedarf von mindestens 5 Kindern/Schule voraus. Die Eltern bezahlten bei diesem Angebot einen Elternbeitrag.

Zum Antrag der Gemeinderatsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN trägt sie weiter vor, sie sehe es als einen sinnvollen Auftrag an die Verwaltung an, beim Land darauf hinzuwirken, dass bei der Änderung des Schulgesetzes der verbindlichen Unterricht um 15:00 Uhr für besonders begabte Kinder enden soll. Der Oberbürgermeister und sie selbst werden dieses Anliegen sicherlich intensiv beim Land vertreten, wobei ein positives Ergebnis nicht versprochen werden kann.

Beim Thema Platz-Sharing, und damit greift sie den Antrag der Gemeinderatsfraktion Freie Wähler auf, müsse darüber Klarheit bestehen, dass bei einer Ganztagesschule kein Platz-Sharing möglich ist. Die Schulpflicht gehe von 08:00 bis 16:00 Uhr, und flexibilisierte Zeiten und Unterrichtszeiten dauerten den ganzen Tag über an. Wenn sich Eltern für diese Schulart entscheiden, müssten deren Kinder auch in der genannten Zeit in der Schule bleiben. Bei der VGS sei eine Flexibilität ohnehin gegeben. Plätze würden je nach Bedarf angeboten.

Die Verwaltung stehe nach wie vor zum Beschluss des Gemeinderates am 31.01.2013 (NNr. 2, öffentlich) zu den künftigen Standards der Ganztagesschule. Diesen Beschluss sehe sie weiter als richtig und wegweisend an. Es sei aber auch richtig, dass der Gemeinderat und die Verwaltung darüber sprechen, wie auf gewisse Elternwünsche reagiert werden kann. Eine Entscheidung sei heute notwendig. Derzeit laufe die Anmeldung für die Grundschule. Die Schulen müssten Klarheit darüber erhalten, was möglich ist (z. B. VGS bis 14:00 Uhr oder bis 15:00 Uhr).

Im Verlauf der Aussprache erläutern die antragstellenden Fraktionen ihre Anträge. Dabei räumt StRin von Stein (FW) ein, dass in der Ziffer 3 des Antrags Nr. 135/2013 nach den Worten "an den teilgebundenen Ganztagesschulen" noch die Worte "für die Halbtageszüge" eingesetzt werden müssen.

Die Vorsitzende unterstreicht, dass der Verwaltungsvorschlag eine Wahlfreiheit zwischen Halbtagesschule und Ganztagesschule vorsieht. Heute sei darüber zu diskutieren, wie viel zusätzliche öffentliche Förderung seitens der Kommune möglich ist, um Eltern mehr Flexibilität zu bieten.

Zu den unterschiedlichen Positionen werden folgende Argumente angeführt:

A. Verlängerung der Verlässlichen Grundschule

Contra
- Parallelstrukturen mit einem anderen Standard als die Ganztagesgrundschule gehören vermieden, um durch eine Konzentration der zur Verfügung stehenden Finanzmittel in Ganztagesgrundschulen eine möglichst hohe Qualität anbieten zu können [StR Winter (90/GRÜNE), StRin Gröger (SPD), StR Rockenbauch (SÖS und LINKE), StRin Fischer (90/GRÜNE)].
- Eltern benötigen Sicherheit (StR Winter, StRin Gröger).
- Durch das Angebot VGS bis 14:00 Uhr mit einem Mittagessensangebot gibt es für die Eltern eine Alternative zur Ganztagesgrundschule (StR Winter, StRin Gröger, StR Rockenbauch, StRin Fischer).
- Den Bedürfnissen jeder einzelnen Familie - und das muss auch öffentlich vertreten werden - kann die Stadt nicht gerecht werden (StRin Gröger).

Pro
- Wenn ein Ausbau abgelehnt wird, werden die Wünsche/Bedarfe vieler Familien ausgeblendet. Die Vielfalt in der Gesellschaft darf nicht ignoriert werden [StRin Ripsam (CDU), StRin von Stein, StR Klingler (FDP), StR Kotz (CDU)].
- In Umfragen aus den Jahren 2010 und 2012 haben sich nur 25 bzw. 32 % für gebundene Ganztagesschulen ausgesprochen (StRin von Stein, StR Zeeb (FW)).
- Ausweitung mit additiven Betreuungsangeboten ist notwendig, da die Mehrheit der Familien eine Ganztagesgrundschule für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für sich nicht als richtiges Instrument ansehen, der Arbeitsmarkt immer mehr Flexibilität fordert und der Wirtschaftsstandort Stuttgart Fachkräfte benötigt (StR Kotz, StR Zeeb).
- Wenn sich mit der Zeit zeigen sollte, dass ausgeweitete, flexiblere Angebote nicht mehr benötigt werden, können diese eingestellt werden (StR Kotz).
- Auf die Wünsche der Eltern einzugehen ist eine wichtige Aufgabe des Gemeinderates (StR Klingler).
- Viele Eltern sind bereit, sich für ihre Kinder Zeit zu nehmen, damit die Kinder auch im familiären Umfeld auf die Alltagsanforderungen vorbereitet werden; aufgrund veränderter Rahmenbedingungen ist sicherlich die Ganztagesgrundschule für einen Teil der Gesellschaft wichtig und erforderlich (StRin Ripsam, StRin von Stein, StR Kotz).
- Mit der "Außerschulischen Bildung und Betreuung" wird den Eltern eine Alternative angeboten, die nicht den Weg einer Ganztagesgrundschule wählen wollen (StRin Ripsam).
- Mit dem im Antrag Nr. 137/2013 Beantragten werden Möglichkeiten eröffnet, frühzeitig in Sportvereinen einer Sportart nachzugehen und frühzeitig musische Interessen wie das Erlernen von Musikinstrumenten zu vertiefen (StRin Ripsam).
- Eine Verlängerung der VGS bietet Möglichkeiten, dass Ehrenamtliche, auch Rentner/Pensionäre, engagieren können (StRin Ripsam).
- Auszugehen ist davon, dass es in Halbtageszügen der VGS ausreichend Bedarf (mindestens 5 Kinder) für eine Ausweitung bis 17:00 Uhr geben wird (StRin Ripsam).
- Den Eltern muss an Halbtagesgrundschulen für die Nachmittagsbetreuung eine größtmögliche Flexibilität gewährt werden/Angebote auch nur für einige Nachmittage (StRin von Stein, StRin Ripsam).
- Bewährte vorhandene Strukturen für "Außerschulische Bildung und Betreuung", eingeführt an 99 Stuttgarter Schulen (GRDrs 741/2011), dürfen nicht gekappt werden, um mehr Flexibilität und Vielfalt zu erhalten (StR Klingler, StR Kotz, StRin Ripsam).
- Der Ausbau der Betreuungsangebote ist ein lernender Prozess. Heute kann nicht gesagt werden, welcher Weg letztlich der richtige sein wird. Eltern sollen frei entscheiden können, welchen Weg sie mit ihrem Kind gehen wollen (StRin Ripsam).


B. Konzentration der Finanzmittel auf die Ganztagesgrundschule mit Flexibilisierung beim Ende der Schulpflicht

StR Winter, StRin Gröger, StR Rockenbauch, StRin Fischer und StR Kanzleiter (SPD) weisen auf den mit großer Mehrheit gefassten Beschluss des Gemeinderats am 31.01.2013 zu dem gültigen Standard bei der Ganztagesgrundschule hin.

Dem Antrag Nr. 85/2013 der Gemeinderatsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN auf Ende der Schulpflicht in der Ganztagesschule um 15:00 Uhr schließen sich alle Fraktionen an. Von BMin Dr. Eisenmann wird klargestellt, bei der Schulpflicht einer Ganztagesschule bis 16:00 Uhr und einem Unterrichtsende ab 15:00 Uhr müsse natürlich begründet werden, wenn ein Kind bereits um 15:00 Uhr die Schule verlässt. Auf die Verantwortung der Schulleitung weist StR Kanzleiter in diesem Zusammenhang hin. Die Schulleitung müsse entscheiden, ob im Einzelfall ein Kind bereits um 15:00 Uhr die Schule verlassen darf. Dies bekräftigt die Vorsitzende.

Einvernehmen wird im Ausschuss darüber hergestellt, in der GRDrs 134/2013, Seite 2, letzter Absatz, Zeile 4 von "begründeten Fällen" und nicht von "besonders begabten Kindern" zu sprechen. StRin Ripsam legt Wert darauf, dass seitens des Landes weiterhin eine Finanzierung bis 16:00 Uhr erfolgt (keine "Ganztagesschule light").

StRin Gröger fordert, die Begleitung von Trägern zu intensivieren. Kleinere Träger, dies zeigten Gespräche, hätten größere Schwierigkeiten, mit Veränderungen zurechtzukommen.

StR Kotz kündigt an, die ablehnende Haltung gegen eine Verlängerung der VGS im kommenden Kommunalwahlkampf zu thematisieren.


Zum Ende der Aussprache stellt BMin Dr. Eisenmann fest:

Der Verwaltungsausschuss beschließt einstimmig, die Verwaltung zu beauftragen, beim Land, bezogen auf die anstehende Änderung des Schulgesetzes zum Schuljahr 2014/2015, vorzuschlagen, den verbindlichen Unterrichtsblock bei der Ganztagesschule um 15:00 Uhr zu beenden, damit in begründeten Fällen die Schulpflicht bereits um 15:00 Uhr und nicht erst um 16:00 Uhr endet.

Ausgehend vom Antrag Nr. 137/2013 der CDU-Gemeinderatsfraktion lehnt es der Verwaltungsausschuss bei 8 Ja- und 9 Gegenstimmen mehrheitlich ab, die außerschulische Bildung und Betreuung künftig in Grundschulen bis 17:00 Uhr einzusetzen.

Der Verwaltungsausschuss lehnt es bei 8 Ja- und 9 Gegenstimmen mehrheitlich ab,

- dass die VGS im Halbtagesbereich entsprechend dem mündlichen Antrag der FDP-Gemeinderatsfraktion vom 31.01.2013 bis 16:00 Uhr ermöglicht wird.
- dass die VGS im Halbtagesbereich entsprechend dem Antrag Nr. 135/2013 der Gemeinderatsfraktion Freie Wähler bis 15:00 Uhr ermöglicht wird. (Kosten pro Verlängerungsstunde/Jahr rund 750.000 € - Finanzierung ist nicht gesichert).

Damit, so abschließend die Vorsitzende, gelte der Verwaltungsvorschlag "VGS bis 14:00 Uhr", welcher vom Gemeinderat mit deutlicher Mehrheit in seiner Sitzung am 31.01.2013 verabschiedet worden ist.

Gegen die Kenntnisnahme der GRDrs 134/2013 erheben sich keine Einwendungen.

zum Seitenanfang